Es ist der 21.12.1955. Die Sekte The Seekers bereitet sich auf den Weltuntergang vor.
Trotz der sozialen Verachtung stecken sie viele in ihren Glauben, verkauften Besitz
und lehrten ihre Bankkonten. Denn um Punkt Mitternacht soll ein Raumschiff sie abholen
und auf einen neuen Planeten bringen. Doch wie wir mittlerweile alle wissen, ging die
Welt an diesen Tagen nicht unter. Aber was machten wohl die Seekers? Na, sie glaubten
natürlich noch viel stärker an die Prophezeiung. Sie muss lediglich ein klein bisschen geändert
werden. Jetzt heißt es nämlich, das Raumschiff kam nicht und die Welt ging nicht unter, denn
unser Glaube und unsere Hingabe haben die Welt gerettet. Und es bleibt nicht nur beim
dezenten Sinneswandel. Die Gruppe legt auch eine Schippe drauf und macht sich sofort ans
Rekrutieren neuer Mitglieder. Denn wenn super viele Leute an diese Ideen glauben, dann
müssen sie ihr Stimmen. Oder?
Dieses Ereignis ist ein Paradebeispiel für kognitive Dissonanz. Aber was ist das? Erstmal
zu Kognitionen. Das sind mentale Repräsentationen im Geist eines Menschen. Also beispielsweise
Einstellungen, Verhaltensweisen, Emotionen und noch vieles mehr. Und Menschen wollen,
dass diese Bilder zu ihrer Wahrnehmung passen. Passen Kognition und Wahrnehmung nicht zusammen,
entsteht eine sogenannte kognitive Dissonanz, die man sich als einen unangenehmen Triebzustand
vorstellen kann. Doch unangenehm mag niemand, also versucht ein Mensch die Dissonanz zu
reduzieren. Dabei gilt, je wichtiger die Kognition, umso höher der Drang, die Dissonanz
abzubauen.
Mit dem Phänomen der kognitiven Dissonanz haben sich 1959 Leon Festinger und James
Merrill Carl Smith in Form einer Studie befasst, die heutzutage als die klassische Studie
The Psychology of First Compliance bekannt ist. Die Kollegen haben sich dabei nicht
nur die Dissonanz an sich angeschaut, sondern auch das Zusammenspiel von Anreiz, die Kognition
zu ändern und der kognitiven Dissonanz. Die leitende Idee, Dissonanz in Form von Einstellungsänderung
zu messen und zwar nachdem man etwas macht, das gar nicht zur eigenen Einstellung passt.
Ihre Hypothesen waren, je höher der Anreiz, desto niedriger die kognitive Dissonanz und
je niedriger der Anreiz, desto höher die kognitive Dissonanz. Das mag vielleicht im ersten Moment
widersprüchlich erscheinen, denn eigentlich würde man denken, dass ein stärker Verstärker
eben genau dazu führt, er verstärkt das Verhalten. Aber ein hoher Anreiz, die Einstellung zu
ändern, bedeutet, dass es einen klaren Grund für einstellungskonträres Verhalten gibt,
wohingegen ein kleiner Anreiz das Verhalten weniger erklärt.
Und so lief die Studie ab. Nun, um die Einstellungsänderung messen zu können, muss erstmal eine eindeutige
Vereinstellung geschaffen werden, die alle Teilnehmer vertreten. Dafür werden 71 Probanden
für ein angebliches Experiment rekrutiert, bei dem sie eine sehr, sehr eintönige und
super langweilige Aufgabe erfüllen sollen. Eine Stunde lang stumpf Holzklötzchen drehen.
Am Ende des Experiments fängt der Versuchsleiter sie ab und sagt, Herr Jungchen, danke für
die Teilnahme. Eigentlich müsste da jemand kommen und bei unserem Experiment assistieren,
aber er ist nicht da. Sag mal, kannst du uns nicht etwas aushelfen? Geh doch bitte in
den Warteraum und erzähl den nächsten Versuchspersonen, dass die Aufgabe, Klötzchen zu drehen, super
aufregend und super spaßig war. Wir wollen nämlich herausfinden, wie sich Erwartungen
aufs Klötzchen drehen auswirken. Das wird auch belohnt.
Aber hier geht der eigentliche Versuch los, denn das war nur eine ausgefuchste Cover Story.
Die Probanden werden nämlich auf drei Bedingungsgruppen aufgeteilt. Die Kontrollgruppe, die nach dem
Klötzchen drehen gleich aus dem Schneider ist, die 1-Dollar-Gruppe, für die es nur
eine kleine Belohnung gibt und die 20-Dollar-Gruppe, die für damalige Verhältnisse mit einem
schönen Sümmchen entlohnt wird. Unsere unabhängige Variable ist die Variation der Belohnungshöhe
und die abhängige Variable die Dissonanz, gemessenen Anstellungsänderungen. Sie wird
im tatsächlichen Anschluss des Experiments durch eine Befragung erfasst.
Und siehe da, die Ergebnisse der Studie bestätigen die Hypothesen. Probanden, die niemanden vom
Spaß des Klötzchendrehens überzeugen mussten, fanden das Experiment richtig lahm. Die, die
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:08:50 Min
Aufnahmedatum
2022-01-14
Hochgeladen am
2022-01-21 15:16:15
Sprache
de-DE
Urheberinnen:
Lyssette M. B., Julia B., Paulina S., Saria D., Inesa Z.